Film: Another Monday: Gefangen in der Zeitschleife

Publié le

Mit großer Faszination sah ich beim ZDF die sechsteilige Film-Serie „Another Monday: Gefangen in der Zeitschleife“: https://www.zdf.de/serien/another-monday. Sehr klug gestrickte Geschichte. Das Prinzip kennt man schon von „Täglich grüßt das Murmeltier“: Derselbe Tag wiederholt sich wieder und wieder und wieder. Es gibt kein Entkommen! Jeden Morgen steht man wieder dort, wo man gestern stand. Das ist besonders ärgerlich, da Freya eigentlich vor hatte, heute ihr Leben zu ändern und darum den Mann und die Tochter verließ, alles vorbereitet, erfolgreich über die Grenze geflohen. Und plötzlich ist sie wieder zurück, mit dem ungeliebten Mann im selben Bett. Steffen hat am Montag Selbstmord begangen und tags darauf ist er wieder lebendig, und er muss sich erneut seinem Leben und seiner Schuld stellen. Sophie hat am Montag durch eine Unachtsamkeit beim Radfahren eine Fehlgeburt erlitten und erhält durch die Zeitschleife eine neue Chance.

Neuartig wird die Geschichte dadurch, dass es hier mehrere Menschen gibt, denen es so geht. Für den Rest der Welt wiederholt sich derselbe Montag, ohne dass sie es bemerken. Für diese drei bedeutet die ständige Wiederholung eine Qual und darum möchten sie unbedingt entkommen. Das Leben muss weitergehen bzw. für Steffen sollte es lieber enden. Darum forschen sie nach: Was verbindet uns drei, wie sind wir in diese Zeitschleife geraten, wer war „Patient Null“ und wie kommen wir hier wieder heraus? Die Situation wird völlig auf den Kopf gestellt, als ihnen klar wird, dass nicht sie die Kranken sind. Schließlich sollte es normal sein, dass das Leben weitergeht und Handlungen Konsequenzen haben. Der ganze Rest der Welt ist krank! Sie finden sogar eine medizinische Erklärung dafür. Nicht grundlos spielt die Geschichte zur Hälfte in immer demselben Krankenhaus.

Anfangs fragte ich mich noch, warum Freya diesen gutaussehenden, freundlichen, verständnisvollen Ehemann verlassen will. Aber mit der Zeit wird immer klarer, dass sie richtig entschieden hat. Anfangs versucht sie noch, rechtzeitig zum Frühstück mit der Familie zu erscheinen und alles so wie sonst ablaufen zu lassen. Doch je mehr sie sich engagiert, um das Zeitschleifenphänomen zu verstehen, umso weniger verhält sie sich so, wie ihr Ehemann es von ihr erwartet. Anfangs reagiert er noch verständnisvoll und will ihr therapeutisch helfen, aber allmählich wird er immer aggressiver, obwohl er sich ja gar nicht daran erinnern kann, dass sie dieselbe Situation gestern schon hatten. Und es wird klar, dass seine Hilfsangebote nichts anderes sind als emotionale Erpressung, um seine Frau dazu zu bringen, wieder die von ihm vorgegebene Rolle zu spielen.

Der Film ist superspannend gemacht, intelligent konstruiert und gewoben. Die Schauspieler spielen ihre Verzweiflung überzeugend. Ich wollte am liebsten in den Film reinspringen und mit den Leuten einen Tee trinken gehen. Am Ende war ich zunächst enttäuscht, weil es keine echte Auflösung gibt, wie diese Situation überhaupt entstanden ist. Offensichtlich gerät man durch ein Trauma in die Schleife hinein bzw. heraus. Es entgleist zuletzt die ganze Welt, weil es nicht gesund ist für Menschen, wenn ihre Handlungen keine Konsequenzen haben, sich niemand an ihre Untaten erinnert und sie sogar gefährliche Dinge tun können, bei denen sie oder andere sterben. Morgen sind sie ja wieder da. Die Welt geht also hoffnungslos den Bach runter. Das gefiel mir nicht.

Im Nachhinein ging mir aber ein Licht auf, als ich einen Aufsatz über Kant und die Kritik der reinen Vernunft las. (Nur die Zusammenfassung, haha.) Es handelt sich gar nicht wirklich um einen Mystery-Film. Das Ganze ist philosophisch-psychologisch zu interpretieren. Diese Geschichte übersteigert psychologische Mechanismen der realen Welt. Die meisten Menschen erleiden tatsächlich eine Fehlwahrnehmung der Zeit. Natürlich ist am Dienstag nicht wirklich alles wieder wie am Montagmorgen. Aber die Menschen möchten gerne, dass es so sei. Darum verhalten sie sich so als ob. Sie überspielen ihre Verletzungen, behindern ihre Mitmenschen bei deren Weiterentwicklung und tun so als seien Tote noch am Leben. So gesehen sind diejenigen, die diese Zeitschleife bemerken, die wirklich Aufgewachten. Im Film und im echten Leben passiert dieses Aufwachen beispielsweise durch ein traumatisierendes Erlebnis. Dies weckt das Bewusstsein darüber, dass alles was man tut, tödliche Folgen für einen selbst oder andere haben kann. Es gibt keine Garantie dafür, dass der morgige Tag wie heute sein wird. Durch Routinen und Ignorieren der Realität (des Dienstags, des Tags danach) erschaffen sich jedoch die meisten Menschen ein Umfeld und eine eigene Welt, in der sich nichts ändert. In der sie ihre Verantwortung leugnen. So wie Freyas Mann, der nach seiner Erweckung immer noch die Realität verdrängt. Er kann sich erinnern, aber er will es nicht.

So gesehen finde ich das Ende gar nicht mehr so hoffnungslos. Es muss ja irgendwann einen Kipppunkt geben, an dem die Erwachten in der Überzahl sind, auch die Montag-Verbrecher zur Rechenschaft ziehen und den Nichterwachten zu signalisieren wagen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Dies muss unweigerlich eintreten, weil kaum jemand dauerhaft ohne traumatisierende Erlebnisse durchs Leben kommt. Ich hoffe, dass auch im echten Leben genau das immer wieder passiert. Es würde die Welt verbessern. Vielleicht gibt es beim ZDF ja auch noch eine zweite Staffel darüber. :-) Ich denke, dieser Film hätte auch Kant gefallen.

Pour être informé des derniers articles, inscrivez vous :
Commenter cet article